Nachbarschaftsdienste by Violetta Stern

Nachbarschaftsdienste by Violetta Stern

Autor:Violetta Stern [Stern, Violetta]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-08-26T22:00:00+00:00


Simon nahm meine Hand und führte mich ins Schlafzimmer. Wir legten uns in mein Bett und ich klammerte mich an ihn wie eine Ertrinkende. Simon streichelte beruhigend meinen Kopf und meinen Rücken und küsste meine Tränen mit kleinen, zarten Küssen fort.

Als er sprach, war seine Stimme leise und sanft. »Danke, dass du mir das alles erzählt hast, Josi. Es berührt mich sehr, dass du so viel Vertrauen zu mir hast, und es tut mir wahnsinnig leid, dass du dich so einsam fühlst. Ich weiß nur zu gut, wie das ist.«

Er zog mich noch ein Stückchen fester an seine Brust und mit einem wohligen Seufzer schloss ich die Augen. Ich wünschte, Simon würde mich nie wieder loslassen.

»Du bist auch manchmal einsam?«, frage ich zögernd, weil ich mir das bei einem Mann wie ihm überhaupt nicht vorstellen konnte. Er wirkte immer so vital.

Er vergrub sein Gesicht in meinem Haar. »Ja, oft.« Seine Stimme klang rau und beinah verzweifelt, aber er sprach nicht weiter.

Ich unternahm einen neuen Anlauf. »Was ist mit deiner Familie?«, fragte ich leise, mit meinem Mund an seiner Schulter. »Hast du Geschwister? Und leben deine Eltern noch?«

Er warf mir einen schnellen Blick zu. »Ja und ja.«

»Kürzer geht’s nicht?« Ich küsste schmunzelnd das Tattoo auf seiner Schulter.

»Doch: Ja.«

Ich hob seufzend den Kopf und sah Simon prüfend an. Sein Blick war verschlossen und abwehrend. »Ich sehe schon, das ist das falsche Thema. Du verstehst dich nicht gut mit deiner Familie, oder?«

»Oh doch. Ich bin ein absoluter Familienmensch. Meine Eltern und Geschwister zählen zu den wichtigsten Menschen, die ich habe. Es ist nur …« Simon wirkte auf einmal eigenartig hilflos.

Er rollte sich auf die Seite und seine schokoladenbraunen Augen nahmen mich gefangen. Lange sahen wir einander an, wobei sein Blick tief und forschend war und in die hintersten Winkel meiner Seele vorzudringen schien. Auch ich erspürte seine verborgensten Gefühle und Bedürfnisse, er breitete sie offen vor mir aus. Für einen kleinen, magischen Moment schenkten wir einander alles.

Simon nahm meine Hand und wir verschränkten unsere Finger ineinander. Sein Händedruck war fest und seine Wärme schien in meinen Körper überzugehen.

»Ich habe eine Schwester und einen Bruder«, begann er zu erzählen. »Wir stehen uns alle sehr nahe, obwohl ich meine Schwester nicht oft sehe, sie lebt in Amerika. Sie hat zwei zauberhafte Kinder und ihr Mann und sie betreiben eine große Pferderanch.« Seine Stimme war leise und zögernd, als koste ihn jeder Satz Überwindung. »Mein Bruder lebt auch in Hamburg. Er ist im letzten Jahr Vater geworden und seitdem nicht mehr ganz bei Verstand.« Ein leises, raues Lachen. »Aber so ist das wohl, wenn Männer erwachsen werden.«

Ich lauschte ihm gespannt, begierig darauf, mehr über den Mann zu erfahren, der nun schon seit so vielen Monaten mein Liebhaber war.

»Und deine Eltern?«

»Sie leben auch in Hamburg – oder zumindest am Rand von Hamburg. Sie … sie sind Unternehmer und haben ihr Leben lang hart gearbeitet. Aber inzwischen genießen sie hauptsächlich ihren Feierabend.«

»Es muss wundervoll sein, wenn man zusammen alt werden kann«, seufzte ich. Wie fühlte es sich wohl an, wenn man vierzig Jahre und länger verheiratet war? Meine Eltern hatten das nicht erlebt.



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